Film: Tigermilch

 

Regie: Ute Wieland

Erschienen: 2017

Länge: 106 min

FSK: 12

 

Meine Kritik

 

„Jameelah sagt wir müssen wissen wie alles geht. Wir müssen üben, für später, für das echte Leben, damit uns keiner was kann.“

 

Nini und Jameelah, beste Freundinnen, immer noch Jungfrauen, sie trinken Tigermilch und haben unendliche Möglichkeiten vor sich: 6 Wochen Sommerferien. Und was macht man mit so viel freier Zeit? Partys feiern, im Schwimmbad in der Sonne liegen und sich deflorieren lassen oder in Ninis Sprache: Sich die süßesten Typen suchen und mit denen ins Bett gehen! Das nehmen sich die beiden Freundinnen vor und denken dabei schon direkt an zwei Jungs, Nico und Lukas. Doch während Nini bei Nico freie Bahn hat, steht Jameelah Lukas Cousine im Weg die ständig an ihm dran klebt. Aber dies ist nicht ihr einziges Problem, das Ausländeramt hat einen Brief geschickt und dann beobachten Nini und Jameelah etwas das ihre Welt vollends auf dem Kopf stellt und alles droht zu zerbrechen.

 

„Wir wollen auch gar nicht erwachsen werden, zumindest nicht ganz, nur gerade genug, dass wir in alle Clubs reinkommen und die Typen nicht denken, sie gehen in den Knast, wenn sie was mit uns anfangen.“

 

Tigermilch oder auch das „Tschick“ für Mädchen, wie ich es gerne nenne, obwohl es mit Tschick nur im Ansatz etwas gemeinsam hat: Sommerferien die große Veränderungen mit sich bringen. Doch ansonsten spielt Tigermilch in der Großstadt Berlin, es geht um mehr als nur eine Coming-of-age Geschichte, wir haben die Problematik der Abschiebung, wir haben Jugendliche die zwischen erwachsen werden und noch Kinder sein stecken, wir haben ein Verbrechen das alles in Frage stellt. Eine emotionale Achterbahnfahrt von der Regisseurin von „Freche Mädchen“ die zum ersten Mal nicht nur eine frech, fröhliche Liebesgeschichte verfilmt, sondern eine wilde, manchmal düstere mit ernsten Untertönen gespickte Geschichte sich vornimmt. Ich kann dabei glücklicherweise nicht nur den Film betrachten sondern seine ganze Entstehungsgeschichte, vom Roman hin bis zum Drehbuch habe ich alles gelesen und war begeistert von der spannenden, wichtigen Thematik bis hin zum packenden Plot der Raum für Emotionen hat und zwei wirklich tolle Jungdarsteller die durch die Großstadt rennen, ihre Gefühle hinaus schreien und dabei doch nur eins wollen: Zusammen bleiben und Dinge erleben. Und dabei bleibt der Film immer ehrlich, vor allem in den Szenen zwischen den Jungs und den Mädchens ist das keine Hollywood Sequenz in denen immer alles perfekt aussieht, hier zittern die Hände beim Öffnen eines BHs und hier gibt es keine lustvollen Schreie, erst recht nicht beim ersten Mal. Das finde ich vor allem für die Altersklasse für die der Film gedacht ist nicht nur gelungen gemacht, sondern auch wichtig, zu zeigen wie es ist, nicht wie es sich irgendwelche Hollywood Autoren zurecht legen. Die Dialoge sind dementsprechend frech, aber auch Zeitgemäß, wir können nicht anders als lachen, wenn Nini Sex mit dem reiten eines dieser Plastikponys vor dem Supermarkt vergleicht, wir bekommen Gänsehaut wenn sich die Mädchen ewige Freundschaft schwören und wir kriegen tiefe Einblicke in Gegenden in Berlin in denen die verschiedensten Kulturen aufeinander treffen. 36 Drehtage, 30 davon war ich vor Ort, habe Flo und Emily liebgewonnen, ihnen zugesehen wie sie sich Szene für Szene in ihre Rollen begeben haben, manchmal Schwierigkeiten hatten wieder aus ihnen herauszuschlüpfen, wie sie nicht nur vor der Kamera zusammen wuchsen, sondern auch hinter der Kamera ein festes Gespann waren. Tigermilch ist für mich mehr als nur ein Sommerabenteuer auf der Leinwand, es ist ein Film bei dem mir das ganze Team ans Herz gewachsen ist. Vielleicht weil die Stimmung einfach stimmte, vielleicht aber auch weil die Buchvorlage so wunderbar war, ist aus Tigermilch einer der schönsten Jugendfilme, aus dem deutschen Raum, der letzten Jahre geworden und das versuche ich so objektiv wie möglich zu sehen.

 

„Noura sagt, wir sind im Wachstum. Wir brauchen Kalzium, das ist in der Milch. Aber Milch ist für Kinder. Jameelah und ich, wir trinken was anderes."

 

Meine Meinung: