Film: To the Bone

 

Regie: Marti Noxon

Erschienen: 2017 auf Netflix

Länge: 107 min

FSK: 12

 

Meine Kritik

 

-Warum sind wir hier?-

-Weil wir am Leben sind.-

 

Ellen will nichts essen und das schon sehr lange nicht mehr, sie hat das „Kalorien-Asperger“. Für sie geht es schon langen nicht mehr um Noten, Freunde, eine Zukunft, sie verbringt ihre Zeit in den verschiedensten Kliniken. Ihre Stiefmutter will und kann sich nicht mehr mit ihrem Problem beschäftigen, weshalb sie einen letzten versuch startet und einen begnadeten Arzt aufsucht. William will Ellen in sein Programm aufnehmen, aber nur wenn sie ihm verspricht das es nicht ihr Wunsch ist zu sterben, denn dann kann er ihr auch nicht mehr helfen. In der WG voller Menschen mit gleichen und ähnlichen Problemen herrschen ganz andere Regeln als Ellen es gewohnt ist, hier wird niemand zum essen gezwungen, man muss nur mit am Tisch sitzen. Auch die anderen Mitbewohner sind ganz anders als sonst, vor allem der Tänzer Luke hat es Ellen angetan, auch wenn er doch sehr offensichtlich schwul ist. William lässt den Kindern Freiräume, in der Hoffnung das sie sich gegenseitig heilen. Doch Ellen nimmt weiterhin ab und auch Lukes Versuche ihr zu sagen das er sie braucht und nicht verlieren will, stoßen auf Taube Ohren. Muss Ellen sich am Ende vielleicht selbst finden um zu verstehen wie schön das Leben ist?

 

Kein leichtes Thema dem sich Netflix widmet, nachdem sie schon mit der Serie „Tote Mädchen Lügen nicht“ angeeckt sind. Doch auch die Warnung vor dem Film bereitet einen nicht wirklich darauf vor was man zu sehen bekommt. Wer vielleicht noch ein Bild von Bella aus dem vorletzten Teil von Twilight im Kopf hat, kann erahnen wie schwer es ist Lilly Collins und die anderen Mädchen zu sehen, ein Hauch von nichts. Aber damit der Film so deutlich sein kann in dem was er zeigen will, gehört auch dieses Bild dazu. Und dabei erhebt der Film nie den Zeigefinger und will uns weismachen das man doch nur essen muss um zu überleben, viel mehr versucht Noxon in die Köpfe dieser Menschen einzutauchen und lässt auch mal Sätze stehen wie: Ich will ja, aber ich kann einfach nicht. So viel Mut zur Ehrlichkeit hinterlässt Gänsehaut, auch wenn ich immer noch nicht recht befreien will wieso es nicht geht, aber ich glaube dazu muss man wirklich einmal in dieser Welt gelebt haben, in der Kalorien zählen zum Alltag dazugehört. Die unendlichen vielen Versuche der Menschen um Ellen herum, ihr zu helfen, ihr zu sagen das sie nicht sterben soll, es ist ein schwerer Akt durch diesen Film zu kommen ohne wenigstens einmal einen Kloß im Hals gehabt zu haben. Interessant fand ich auch die Beziehung zwischen Luke und Ellen, wie er ihr plump immer wieder sagt das sie einfach nur mal abbeißen soll und wie er scheinbar mehr für sie zu empfinden scheint als man zunächst denkt. Der Cast erstreckt sich in einer Bandbreite von talentierten Jungschauspielern bis hin zu gestandenen Schauspielern wie Keanu Reeves. Eine liebevolle Atmosphäre wird erschaffen, in der jede Leidensgeschichte dieser jungen Menschen seinen Platz findet und dabei geht Noxon immer offen, ehrlich an das Thema heran und versucht nichts zu verstecken, nicht die blauen Flecken am Rücken, wenn Ellen wieder einmal sit-ups gemacht hat, nicht die Kotztüten unten den Betten. Aber niemals spielt die Krankheit die Hauptrolle, immer es ist es Ellen selbst und wie sie daran leidet zu wissen das es um ihr Leben geht und um das der Menschen die sie liebt und die genauso leiden wie sie. In einem fast schon dokumentarischen Stil schafft Noxon das, was wenige Filme schaffen die sich mit dieser oder anderen Krankheiten befassen: Ehrlichkeit, Offenheit, doch dabei nie das Elend an sich ausschlachtend sondern den Charakter zeigen der sich hinter dieser Krankheit verbirgt, was es fast noch schwerer macht zuzuschauen. Ein gelungenes Drama mit viel Tiefgang und einer unglaublich glaubhaften Lily Collins die den Film auf ihren wortwörtlich schmalen Schultern trägt.

 

Meine Meinung: